Der Amtsarzt im ...

Abenteuer eines Amtsarztes
Unglaublich wahre Kurzgeschichten

... Lauf der Zeit

7. Die Krankenhausstatistik

Alle Krankenhäuser sind gesetzlich dazu verpflichtet, jährlich ihren Beitrag zum Datenmüllberg zu leisten und umfangreiche Erhebungsbögen zur Krankenhausstatistik auszufüllen. Dabei werden neben vielem anderen auch Zahlen zur Bettenbelegung, Patientenverteilung und Personalausstattung noch dazu an bestimmten Stichtagen abgefragt. Offenkundig beschäftigt aber nicht jede Krankenanstalt eine extra hierfür ausgebildete Kraft.

Früher mussten diese Angaben vor der Weiterleitung an das statistische Landesamt vom örtlich zuständigen Gesundheitsamt auf Plausibilität geprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. Ein besonders krass falsch ausgefüllter Erhebungsbogen veranlasste uns zu dem folgenden Schreiben an das für Privatkrankenanstalten nach der Gewerbeordnung zuständige Sachgebiet des Landratsamtes:

Bei der Überprüfung der Krankenhausstatistik für das Jahr 1989 traten skandalöse Zustände zutage.

Bei der korrekt angegebenen Zahl von 48 aufgestellten Betten befanden sich am 01.01.1989 340 Patienten in der Krankenanstalt. Dies bedeutet, dass in einem Bett gleichzeitig 7,083 Patienten lagen, was unbeschadet aller moralischen Erwägungen mit einem Krankenhaus wohl nicht vereinbar ist. Unfassbar ist zudem, dass nach den Angaben im Erhebungsbogen von diesen 340 Patienten 339 in der Privatklinik verstorben sein müssen. Lediglich einem Patienten scheint es im Berichtszeitraum durch Verlegung in ein anderes Krankenhaus gelungen zu sein, dem Inferno zu entgehen.

Ursächlich für diese unbeschreiblichen Ereignisse könnte unseres Erachtens die Tatsache sein, dass die Krankenanstalt nach ihrer statistischen Auskunft weder über Verwaltungs- noch über Wirtschaftspersonal verfügt. Es ist daher durchaus möglich, dass die 339 verstorbenen Patienten verhungert sind.

Mit der Bitte um Veranlassung in eigener Zuständigkeit.

(1990)


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