Radltour Neuseeland 2006
1. Teil (Auckland - Miranda, 12. - 16. Januar 2006) |
Vorbemerkung: Die Tourberichte beruhen auf 7 E-Mails, die bereits während der Reise an einen hoffentlich interessierten Verteilerkreis versandt und zu Hause durch Zusatzinformationen und Bilder ergänzt wurden.
Vor dem Abflug in München: Die Fahrräder im Pappkarton (Sattel und Pedale abgeschraubt, Lenker längs gestellt) bilden mit je 20 kg unser Freigepäck, dazu im Rucksack je 10 kg ebenfalls freies Handgepäck, den Rest haben wir angezogen (schließlich ist ja bei uns Winter...). Auf dem Rückflug müssen wir wegen neuer Bestimmungen unser Handgepäck auf je 7 kg reduzieren, also wieder hinein in alle mitgeführten Klamotten (und das im Hochsommer...)!
Vor dem Abflug in München (im Winter)
Ankunft in Auckland (im Sommer)
E-Mail Nr. 1, Auckland, Sonntag, 15.01., 2:30 a.m.
Hallo Ihr
Lieben,
gerade sitze ich hier um 2:30 Uhr nachts in unserem Backpacker-Hotel in Auckland
im Flur vor dem PC, weil es in meiner inneren Uhr halb-drei nachmittags ist, ich
also hellwach bin (Uta auch). Die Europäer im Hotel sitzen alle in der Wohnküche
und schauen fern, erstens weil sie auch wach sind und zweitens, damit sie
Englisch lernen. Die Umlaute ä, ü, ß usw. gibt es leider nicht auf
internationalen, nicht-deutschen Tastaturen, das @ ist auch nicht AltGr und Q,
sondern Shift (Groß-Stelltaste) und die 2.
Wir sind
also gut gelandet, selbst unsere Räder waren mit uns angekommen, so dass wir
gleich im LINKS-Verkehr (!) 22 km über mehrere Hügel (seufz) in die größte
Stadt Neuseelands, Auckland, radeln durften. Ach ja, die Stadt selbst liegt auch
auf manchmal steilen Hügeln. Uta hat schon auf dieser kurzen Fahrt einen
Knall-Sonnenbrand auf den Unterarmen bekommen (!), weil sie sich nicht
eingecremt hat und man die Sonne (UV-Strahlen wegen Ozonloch) nicht als so stark
empfindet bei 23 Grad und Wind. Na ja, wieder ein Schritt mehr hin zur
Altershaut...
Wir starteten am Donnerstag, 12. Januar, um 16:25 Uhr in München und haben fast zwei Tage zur Anreise gebraucht, weil sich die Erde und damit
Neuseeland von uns nach Osten weggedreht haben und wir hinterher fliegen mussten.
Außerdem durchflogen wir ja jede Menge Zeitzonen. Die Gesamt-Reisezeit
einschließlich Flughafenaufenthalten betrug 31:20 Stunden. Reine Flugzeit München
(MUC) – Amsterdam (AMS) 1:05 Stunden und Amsterdam (AMS) - Kuala Lumpur
(KUL)
in Malaysia (liegt unterhalb Thailand) 11:10 Stunden.
Nun ein Tribut an meine
Beamtenseele: Direktflugstrecke Amsterdam - Berlin - Kiew - Astrachan - Kabul
– Delhi – Kuala Lumpur. KLM-Flugzeug Boeing 747-400 (also mit Personal 400
Plätze), 10.250 km lang, 11.300 m hoch und 1.130 km/h schnell. Minus 68 ºC über
Kabul und plus 30 ºC in Kuala Lumpur. Dort längerer Aufenthalt im
klimatisierten, 1998 eröffneten Flughafen, gratis Surfen (erste SMS in die
Heimat) und amerikanisches Fast Food.
Direktflug mit Malaysia Airlines (sehr
angenehm, weil jeder in der Rücklehne des Vordersitzes einen eigenen Monitor
hat und so eigene Filme in eigener Sprache auswählen kann) von Kuala Lumpur (KUL) über
Ostaustralien nach Auckland (AKL), der größten Stadt Neuseelands, 8.800 km und
10 Stunden reine Flugzeit.
Dort Ankunft am Samstag, 14. Januar, um 11:45 Uhr.
In den Flugzeugen waren überraschend viele Kinder
und Babys. Volker als "Grandpa" (schluchz, als Dad gehe ich leider
nicht mehr durch) bekam immer die quengeligsten und strampeligsten direkt auf
den Sitzen neben sich ab. Wenigstens hat er so eine Entschuldigung, warum die
feine helle „Ausgehhose" bereits auf der Anreise mit brauner und anderer
Soße (man weiß nicht immer, was man isst) bekleckert wurde. Außerdem lernte
er auf die Schnelle malaysisch, z.B. Tandas Sedang Digunakan bedeutet "Waschraum
besetzt", Kacang Masin = gesalzene Erdnuesse, Gula = Zucker, Nottuere =
Arahan Untuk Membuka und "Tür nach außen stoßen" heißt Tolak Pintu
Kearah Luar.
So jetzt sind meine 45 Minuten Surfzeit (für 1 Neuseeland-Dollar ist 0,66 Euro)
um (daran seht Ihr, dass ich nur mit einem Finger tippen kann).
Herzliche Grüße an alle bis zum nächsten Bericht
Eure Volker und Uta
Hi,
Volker here. Ich muss zur letzten E-Mail noch was gestehen: Die Kinder neben mir im
Fugzeug (einmal ein 2 Jahre alter spanischer Junge, dann ein 1 1/2 jähriges
indisches Mädchen) waren nicht schuld daran, dass ich mich bekleckert habe. Das
Problem (neben dem, dass ich auch sonst kleckere) war das Schneiden eines zähen
Beefs in brauner Soße in einem Plastik-Napf auf wackeliger Unterlage (dem
Klapptisch, der eigentlich über meinen Knien ruhen sollte, aber wegen meiner Überlänge
nicht einrasten konnte).
Für alle, die im Geographieunterricht nicht aufgepasst haben: Hier ist alles
andersrum, weil Neuseeland südlich des Äquators liegt. Im Norden ist es somit
heiß, im Süden kalt. Mittags steht die Sonne im Norden. Wenn bei uns (wie
jetzt) Winter ist, ist hier Sommer, und um Mitternacht in Deutschland ist es
hier genau Mittag. Und wenn die Erdkugel nicht zwischen uns wäre, würden sich
unsere Fußsohlen berühren.
Es ist ein Land der Abenteuer: Das fängt schon damit an, dass die Türgriffe
anders sind und aus einem Drehknopf bestehen, in dem noch ein kleiner Druckknopf
ist und wenn man den gedrückt hat, merkt man, dass man sich ausgesperrt hat.
Oder dass man nicht in die Waschräume samt Sanitäranlagen kann, weil die mit
einem Zahlencode gesichert sind, den wir erst am Morgen, als es fast zu spät
war (meine Blase fasst nur 2 Liter), erfahren haben. Ich habe auf Utas
Empfehlung meine komplette Schmutzwäsche mit in die Dusche genommen und
unbemerkt auch die Nebenräume überschwemmt, weil der Ablauf natürlich durch
das nasse Zeug verstopft war. Weil ich mangels Stuhl meine Frischwäsche im
Vorraum am Boden abgelegt habe, wurde die gleich mit nass. Beim Rasieren mit
einer Einmalklinge habe ich meine Backe aufgeschlitzt und als ich mich über
meine frischgewaschene Wäsche beugte, ist das Blut draufgetropft und mein
Handtuch hat jetzt braune Flecken. Beim Frühstück bei McDonald’s erhielt Uta
statt des bestellten (jedenfalls meinte sie, das bestellt zu haben) Toasted
Bagel & Jam (also getoasteter Kringel mit Marmelade) ein Tomaten-Wurst-Bagel,
welches wir als Notration noch immer mit uns rumschleppen, auch wenn es schon
riecht. Als Volker das "Kiwi Big Breakfast" sah mit 2 prallen Würstln,
einem chemiegelben, pasteurisierten, homogenisierten Omelette und Hash Brown (Reiberdatschi,
für die norddeutschen Leser Kartoffelpuffer), nahm er lieber ein Bacon, Egg
& Cheese Bagel.
Auckland
Skytower
Hafen
Nach
diesen kurzen einführenden Worten nun aber zu unserem Tourbericht:
Gestern, Sonntag, 15. Januar, besichtigten wir Auckland, die größte Stadt Neuseelands mit je nach Zählung
380.000 bis 1.300.000 Einwohnern, die auf vielen steilen Vulkanen ruht und eine
Fläche umfasst, die mehr als sechsmal so groß ist wie unser heimischer
Landkreis Garmisch mit seinen 1.000 qkm. Im Zentrum stehen Wolkenkratzer neben
winzigen viktorianischen Häusern. Das Wahrzeichen
ist der 1997 erbaute Skytower.
Albert Park
Auckland-Museum
Wir durchquerten den Albert Park und bekamen einen Vorgeschmack auf die exotischen Bäume von "Aotearoa" ("Land der langen weißen Wolke" auf Maorisch). Vormittags waren wir im Auckland-Museum, um die Maorikultur zu besichtigen. Seit Uta vorher in Deutschland im Buchheim-Museum so gute Erfahrungen mit ihrem Studentenausweis gemacht hat, versucht sie es kühn immer wieder. So bekamen wir hier auf unseren Jugendherbergsausweis "Jugendrabatt" (Eintrittskarte 5 statt 12 NZD!), z.B. auch auf der Fähre nach Devonport. Da waren wir am Nachmittag. Wirkt mit seinen Cafes, Läden usw. ein bisschen wie Bibione, hat auch schöne Sandstrände. Volker machte sich mit der neuen Küche vertraut (Fish&Chips), erlebte aber mit dem "Ginger-Beer" seine erste böse Überraschung: Es handelt sich um ein nicht-alkoholisches Erfrischungsgetränk mit Ginger-Geschmack, der nicht zu beschreiben ist.
Fish&Chips
Cheltenham Beach
Rangitoto
Hier
an der Cheltenham Beach war der nördlichste Punkt unserer
Reise, das Pazifik-Badewasser also am wärmsten, aber nicht warm genug für
Volker, der wohl im "kalten" Süden kaum noch mal schwimmen gehen wird
(Späterer Nachtrag: Ist er doch!). Nach einem letzten Blick auf einen
eindrucksvollen Dreimaster vor der naturbelassenen Vulkaninsel Rangitoto
geht es zu Fuß zurück nach Devonport und mit der Fähre nach Auckland.
Heute geht es mit der Radltour los.
Liebe Grüße Eure Volker und Uta!
Tja Ihr Lieben, wie Ihr seht, sind seit dem letzten Bericht zwei Wochen vergangen. Allein das sagt alles. Oder in Anlehnung an den Ausspruch eines englischen Fußballers: “Manche sagen, Fußball sei eine Sache auf Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht – es ist viel härter als das!” Genauso ist es mit Neuseeland. Man hatte uns vorgewarnt, von viel Wind und vielen Hügeln berichtet. Doch der Gegenwind war orkanartiger Sturm, der Regen sintflutartiger Wolkenbruch und die Hügel endlose steile Berge. Wir hatten 50 km Schotterpiste mit brutalen „Stotterrillen”, so dass Volker schon zwei Reifen aufarbeitete, mussten mehrmals am Tag kleine Hügel im Kesselbergformat überwinden, 15 km schieben, verbrannten unsere Haut bei sengender UV-Strahlung und erfroren fast im eiskalten Regen. Unerwartete Highlights waren beispielsweise, wenn die Riverroad vor der Flussmündung statt im Tal am Fluss entlang noch schnell über einen 5 km langen Berg führte. Oder wenn nach zwei Tagen Regen und Sturm zwar endlich die Sonne schien, wir aber 50 km lang ungeschützt in der Ebene mit einem 8 km/h Schnitt gegen böigen Gegenwind kämpfen mussten. Oder aber trotz Plastiktüten, Planen und Capes das Wasser in die Satteltaschen und Rucksäcke gelangte und die Reservekleidung pitschnass machte. Dennoch sind wir (natürlich) guter Dinge und stolz auf das Geschaffte (wir haben die Nordinsel durchquert) und freuen uns auf die Südinsel.
Nun aber der Reihe nach ein kurzer Tourbericht. Die technischen Details mögen von Nicht-Bürokraten überlesen werden (ich bin schließlich bayerischer Staatsbeamter).
Montag, 16.01. Miranda (101 km)
Was wir anfangs noch für ein Kennzeichen der Umgebung von Auckland halten, entpuppt sich später als die typische neuseeländische Landschaft der gesamten Nordinsel: grüne beweidete Hügel und bewaldete Kuppen (wie in Oberbayern!). In allen Bildbänden sind natürlich die Highlights wie Vulkane, Geysire, Felsformationen, Meeresbuchten, Strände, Urwald, exotische Pflanzen usw. abgebildet, aber zu 90 Prozent radeln wir wie durch unsere Heimat... Offenkundig haben die Pakehas (alle Nicht-Maori, also z.B. Europäer) zunächst einmal die einheimische Fauna und Flora weitgehend beseitigt, alles gerodet, Weideflächen und Föhrenforste angelegt. So freuen wir uns, als wir an die Meeresbucht Firth of Thames gelangen. Nächste unangenehme Überraschung: Badeverbot an der Kawakawa Bay wegen “Polluted Water” (Wasserverschmutzung). Und dafür sind wir 20.000 km weit geflogen! Doch dann bekommen wir einen Vorgeschmack auf die vielfältigen landschaftlichen Schönheiten.
Kawakawa Bay Store
Küstenstraße an der Firth of Thames
Weites Vogelschutzgebiet
Thermal-Pool Miranda
Erst eine beeindruckende Küstenstraße, dann ein weites Vogelschutzgebiet. Schließlich endet der Abend sehr erfreulich: In Miranda haben wir einen Natur-Thermal-Pool (Hot water springs) mit 38 Grad vor unserem Quartier, in den wir uns direkt vom Fahrrad weg hineinstürzen (danach schmeckte das Wasser etwas salziger). Zum Abendessen dann die offenkundige Hauptnahrungsquelle der Neuseeländer, sogenannte „Takeaways” (Grillshop mit Fish = fett panierter Fisch, Chips = Pommes frites, Chicken drums = panierte Hähnchenbeine). Achtung: Nicht nur die Takeaways, sondern auch die wenigen Restaurants in den ländlichen Gegenden schließen bereits um 7.00 pm (19:00 Uhr)! Darauf sollten sich hungrige Gemüter einstellen.